#NUE2025 auf dem Weg zur Kulturhauptstadt #2
##NUE2025, #Kultur, #Stadt Nürnberg
Nürnberg will Kulturhauptstadt 2025 werden – Dazu braucht es neben der Beteiligung der Stadtgesellschaft vor allem Ideen, Konzepte und Visionen. curt stellt jeden Monat Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur vor, die sich genau darüber ihre Gedanken machen: Wie hält uns die Kultur zusammen? In welcher Stadt wollen wir in zehn oder zwanzig Jahren leben? Wie sieht unser Nürnberg 2025 aus? Denn es braucht Utopien, um unser Denken in neue Richtungen zu lenken!
Der Ball kommt ins Rollen, der erste Ton erklingt, das Räderwerk setzt sich in Gang: So viel Anfang war schon lange nicht mehr. Mit der ersten Infoveranstaltung in der Kulturwerkstatt Auf AEG zur Bewerbung Nürnbergs als Europäische Kulturhauptstadt 2025 tritt das Projekt endlich aus den Hallen des Stadtrates und der Stadtverwaltung vor die eigenen Bürger. Vor uns, die Bevölkerung. Oder noch besser: die Stadtgesellschaft.
Und Kulturreferentin Lehner gelingt an diesem Abend tatsächlich, neugierig zu machen auf das Potential, das diese Bewerbung birgt; den Impuls für die Stadt, was Imagegewinn betrifft, aber auch den Diskurs darüber, wie wir in zehn Jahren und mehr in Nürnberg leben wollen (die Bewerbung soll ja eine langfristigere Perspektive entwerfen). Sie weckt die Vorfreude auf das Sperrige, das Unerwartete, den Blick nach vorne mit europaweiter Ausstrahlung. Und sie betont das partizipative Element der Bewerbung, welches die Stadtgesellschaft beteiligen will, um deren Ideen man buhlt. Nun sind solche Infoveranstaltungen natürlich zunächst Topdown-Events, die Anwesenden werden von der Bühne herunter informiert, können Fragen stellen und am Ende noch einen Post-it beschriften und auf ein Plakat kleben. Richtige Partizipation sieht anders aus. Man darf gespannt sein, was hier noch kommt.
Betrachtet man dann die Anwesenden genauer, stellt man fest, hier tummeln sich vor allem Kultur- und Kreativschaffende, wie Funktionäre und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Natürlich alle Teil der Bevölkerung, aber doch ein sehr diskursgewöhnter. Die Bewerbung muss also noch viel stärker in die verschiedenen Schichten und Gruppen des Stadtkörpers vordringen. Wie es überhaupt eine ungeheure Herausforderung bedeutet für eine Stadt, miteinander ins Gespräch zu kommen. Wer ist denn das Gegenüber? Sind es Sport- und Kulturvereine, ist es altersbezogen, sind es Institutionen, sind es Stadtteile und Gemeinden oder Berufsfelder wie die Kultur- und Kreativwirtschaft? Wie greife ich so eine Stadtgesellschaft? Spricht das Bewerbungsbüro mit einer Teilgesellschaft oder sprechen die unterschiedlichenSchichten miteinander? Da werden Diskussionsrunden und andere partizipative Beteiligungsformen nicht ausreichen, da sind auch digitale Kommunikationsstrategien notwendig. Weit über Facebook und Twitter hinaus. Kommunikation wird die erste große Herausforderung an die Bewerbung.
Aber ein erster Schritt ist auch hier gemacht: Wer will, kann sich die Veranstaltung auf der Webseite der Stadt zur Kulturhauptstadtbewerbung in ganzer Länge ansehen. Auf Seiten der Verwaltung war man auch ein wenig Stolz, dies zu ermöglichen. Wahrscheinlich wusste dort niemand, dass man 2017 schon Livevideos produzieren kann, nur mit einem Handy bewaffnet – und so ganz andere Formen der (digitalen) Beteiligung möglich wären. Für eine gute Verbindung ins Netz wäre allerdings ein offenes Gäste-Wlan hilfreich. Seit letztem November eröffnet, fehlt der Kulturwerkstatt Auf AEG tatsächlich noch ein Wlan, welches all die digitalen Techniken unserer Zeit unterstützt. Hier liegt die zweite große Herausforderung für die Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025: Da greift man nach den Sternen und vergisst, die Haltetaue rechtzeitig zu kappen, wird so unsanft auf den Boden zurückgeholt. Und hier zeigt sich die Disziplin, in der Nürnberg schon immer Meister war (nicht Fußball, der Club möge mir verzeihen): der gezielte Schuss ins Knie!
Da gelingt etwas Wegweisendes wie die Kulturwerkstatt, mit Ausstrahlung über den Stadtteil hinaus, und Teile der Verwaltung schaffen es nicht, so etwas banales wie Wlan zur Verfügung zu stellen. Oder: Der Direktor der ältesten Kunstakademie beklagt, dass die guten Absolventen alle nach Leipzig oder Berlin gehen würden, um gleichzeitig aber denjenigen, die in der Region verbleiben, Zweitklassigkeit zu attestieren. Statt zu feiern, dass die Akademie mit ihren vielen Schülern zum besonderen kulturellen Humus Nürnbergs beitragen: Peng! Schuss ins Knie!
Wenn wir in Nürnberg aber der Neigung zum Knieschuss erfolgreich widerstehen können, dann sind den Visionen für ein Nürnberg 2025 kaum Grenzen gesetzt. Kreativität zeichnet die Stadt aus! Wir müssen uns ja nicht als homogene, kuschelnde Einheit präsentieren, sondern gerade unsere Vielfalt, unsere Ecken und Kanten ausstellen, die schönen und schmutzigen Stellen präsentieren, das Alte und das Neue. Und wie eine moderne Stadtgesellschaft all die sozialen und kulturellen Widersprüche diskutiert und aushält. Wir zeigen das durch ungewöhnliche Projekte, die Begegnungen schaffen zwischen Baukultur und Tanz, Design und Verwaltung, Umwelt und Musik, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn eine Kommune wissen möchte, wie ihre Bewohner sich das städtische Leben in zehn Jahren vorstellen, dann kann der Bewerbungsprozess nur Vorteile bringen und wir sehen der Entscheidung über die Bewerbung gelassen entgegen. Also lasst uns gemeinsam diskutieren, streiten, fantasieren, entwerfen, verwerfen, entwickeln, gestalten, träumen … dann haben wir bereits gewonnen, selbst wenn eine andere Stadt den Zuschlag bekäme.
[Ein Text von Rainer Hertwig]
INFO: RAINER HERTWIG IST PROJEKTMANAGER AUS NÜRNBERG UND WAR BIS VOR KURZEM DER PROJEKTLEITER DER INNOVATIVEN PLATTFORM „MEHRWERTZONE.NET“ FÜR DIE KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT IM GROßRAUM NÜRNBERG.
Link: www.nuernberg.de/internet/stadtportal/bewerbung_europaeische_kulturhauptstadt_2025.html
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